Beobachtung: Sabeth Wiese
Eva Illouz und Beobachtungen über die Wurzeln der Experience
MAI 2023
Wenn sich bei mir etwas aus dem Designstudium eingebrannt hat, dann wohl folgende Antworten auf folgende Fragen: „Was gestaltet Industriedesign?“ ‒ „Hardware, Software, Services“. „Und worauf kommt es dabei an?“ ‒ „Die Experience, die Experience, die Experience!“ Es ist erstaunlich, wie tief das sitzt. Dabei wurde die Frage „Was ist das eigentlich, die Experience?“ nicht systematisch in meinem Studium geklärt, aus der Designpraxis und vielen kleineren Gesprächen, aus Vorträgen und Büchern ist es dennoch deutlich geworden. Eine andere Frage wurde jedoch nie beantwortet und sie hat sich mir erstaunlicherweise auch noch nie gestellt: Wann haben wir eigentlich angefangen so einen Wert auf die Experience zu legen? Und warum? In welchem gesellschaftlichen Wertewandel wurzelt das Ideal der Experience?
Diese Frage hat sich mir auch dann noch nicht gestellt, als ich das Buch „Gefühle in Zeiten des Kapitalismus“ von Eva Illouz zur Hand genommen habe. Interessiert hat mich, wie die doch recht kritische Soziologin Illouz das Aufladen von Objekten mit Emotionen durch deren Produzenten reflektiert und beleuchtet. „Eva Illouz geht […] von der überraschenden These aus, dass die Kultur des Kapitalismus eine intensive emotionale Kultur herausgebildet hat […] Während ökonomische Beziehungen immer stärker durch Gefühle bestimmt werden, gilt für das Reich der Gefühle das Umgekehrte: Sie sind durch eine Ökonomisierung geprägt […].“, heißt es im Klappentext. Der Blick ins Inhaltsverzeichnis hätte jedoch schnell geklärt: mit Objekten, wie das Industriedesign sie gestaltet, beschäftigt sie sich nicht. Sie interessiert sich stattdessen für Dating-Apps und Plattformen, Ratgeberliteratur, Romane und Filme.
In dem Sinne ist „Gefühle in Zeiten des Kapitalismus“ keine gute Lektüre, um die Frage, woher der Fokus auf die Experience tatsächlich kommt, strukturiert und ausführlich zu beantworten. Stattdessen ist der folgende Text eine Sammlung bruchstückhafter Beobachtungen, die Ausgangspunkte für mögliche Antworten enthalten.
Beobachtung 1: Das Individuum, das zu permanenter Reflexion seiner eigenen Emotionen und den Emotionen der anderen gedrängt wird, kann nicht anders, als auch den Emotionsgehalt von allem zu beobachten, womit es sich umgibt und womit sich andere umgeben.
In ihrem Buch beleuchtet Illouz den neuen Stellenwert einer ausgeprägten emotionalen Intelligenz. „Die emotionale Intelligenz spiegelt gut den emotionalen Stil und die emotionalen Dispositionen der neuen Mittelschicht wider, die sich in vermittelnden Positionen befinden, die also kontrollieren und kontrolliert werden, deren Berufe ein sorgfältiges Selbstmanagement erfordern, die stark von der Kooperation anderer abhängen und ihr Selbst sowohl kreativ als auch produktiv nutzen müssen.“ (S. 102) Diese emotionale Intelligenz ist eben sowohl im Privatleben als auch im Beruf konstant gefordert, die Antennen für unterschwellige Emotionen immer wach. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass auch das eine Ursache dafür ist, dass wir einerseits Objekte geradezu selbstverständlich auf ihren Emotionsgehalt untersuchen. Andererseits wissen wir, dass wir selbst wiederum konstant von anderen mit der gleichen Genauigkeit beobachtet werden.
Beobachtung 2: Das Individuum, das sich selbst kennt, versteht und verwirklicht, wird zum Ideal. Eine ausdifferenzierte emotionale Umgebung als Zeugnis gelungener und gelebter Reflexion wurde zum Statussymbol. Das Internet verschärft diesen Prozess.
„Zum zweiten bringt das Erstellen eines Profils im Internet, wie auch andere psychologisch-kulturelle Formen […], dazu, das private Selbst in einen öffentlichen Auftritt zu verwandeln. Genauer, das Internet macht das private Selbst sichtbar und stellt es einem abstrakten und anonymen Publikum vor, das gleichwohl kein Publikum ist […], sondern eine Ansammlung privater Selbste. [...] Schließlich trägt das Internet, wie das psychologische Weltbild insgesamt, zu einer Textualisierung der Subjektivität bei […], das heißt zu einer Art des Selbstzugangs, die das Selbst mit Hilfe visueller Mittel der Repräsentation und Sprache externalisiert und objektiviert.“ (S. 119) Um bei Illouz Bespielen zu bleiben, nicht nur die Selbstrepräsentation auf DatingApps externalisiert das Selbst, auch die Frage welche App, bzw. welche damit verknüpfte Experience repräsentativ ist: ist es die lässige von Tinder, die mild-feministische von Bumble oder die sex-positiv-woke von Feeld. Schon die bewusste Wahl zwischen Dating-App, die reflektiert in Bezug auf eigene Werte getroffen wurde, ist ein soziales Distinktionsmerkmal.
Beobachtung 3: Wir erlauben uns nur noch ein eingeschränktes emotionales Spektrum. Während es grundsätzlich in allen Lebensbereichen zum Ideal wurde, nahbar, persönlich und warm aufzutreten und somit der Emotionsgehalt dieser Lebensbereiche stieg, finden negative Gefühle immer weniger Raum. Die Experience von Produkten und Services spiegelt diese Entwicklung wider.
Illouz beobachtet, dass das Selbst, das als reflektiert und kultiviert gelten möchte, sich nur noch ein eingeschränktes emotionales Spektrum erlaubt: keine Wut, kein Zorn, keine laute Enttäuschung. Das private Selbst bleibt in der Partnerschaft, der Freundschaft und der Elternschaft stets genauso freundlich, kooperativ und ausgeglichen wie am Arbeitsplatz. Wenn man überlegt wie viele Projekte sich mit den Worten sanft, warm, manchmal sogar sweet, aber immer ernstzunehmend, charaktervoll individuell, aber ohne sich nervig in den Vordergrund zu drängen, anpassungsfähig, ohne beliebig zu sein, feine Anklänge von Humor, aber ohne zu laut zu sein, das heißt: ohne Gefahr zu laufen auch mal unpassend zu sein beschreiben lassen, fällt einem verdammt viel ein. Aber das sind nicht nur Beschreibungen, die auf alle Objekte von Hay, auf Kaffeevollautomaten und den Golf, auf tausendundeine Wbsites mit viel Weißraum und Akzenten in freundlichen Farben zutreffen, sondern genauso auch auf den*die ideale Kollegen:in oder Mitbewohner:in.
Beobachtung 4: Dieser Aspekt, der sich auch bei Illouz findet, ist der naheliegendste, sicherlich am öftesten formulierte und am Ende entscheidende: um Produkte zu differenzieren reichen die „harten“ Produktmerkmale nicht mehr aus. Weder denen, die Produkte auf dem Markt platzieren, noch uns als Konsument:innen.
Illouz schreibt in Bezug auf Dating-Plattformen, doch das lässt sich verallgemeinern: „Die Technologie des Internets verschmilzt zwei zentrale kulturelle Logiken oder Arten, das Selbst auf den Plan zu rufen: die der Psychologie und des Konsumismus. Indem es die Logiken des Konsumismus und der Psychologie benutzt und sich auf sie stützt, radikalisiert das Internet die Forderung, für sich selbst das beste (ökonomische und psychologische) Geschäft zu machen. Genauer, die psychologischen Kategorien finden Verwendung, um die romantischen Begegnungen in die konsumistische Logik der zunehmenden Spezifizierung, Definition und Verfeinerung des Geschmacks zu integrieren.“ (S. 129) Denn am Ende ist die Experience genau das: eine weitere Dimension, in der wir unseren Geschmack beziehungsweise unser Selbst repräsentieren können.
Beobachtung 5: Illouz deutet aber auch die Kehrseite der Experience an: Zynismus
„Ja, es dürfte aufgefallen sein, dass die meisten der von mir zitierten Interviews eine Kombination aus Müdigkeit und Zynismus aufweisen […]. Dieser Zynismus […] entspringt der Routinebildung, die durch die bloße Masse an Begegnungen und durch die Marktstruktur und Marktkultur ausgelöst wird […]. Der Zynismus ist eine […] Gefühlsstruktur, die besonders in spätkapitalistischen Gesellschaften aus einer Eigenschaft des Bewusstseins und des Handels hervorgeht. Ich denke, dass Adorno diesen Zynismus im Sinn hatte, als er skizzierte, wie sich die Konsumenten in den Gesellschaften der Gegenwart auch dann noch genötigt fühlen, Produkte […] zu kaufen und benutzen, wenn sie sie durchschauen. Durchschauen und Gehorchen, so Adorno, das ist die dominate Art im Umgang mit Konsumgütern in spätkapitalistischen Gesellschaften.“ (S. 132) So schlummert also der permanente Selbstbetrug in der versprochenen Experience. Verspricht Airbnb einzigartige Erlebnisse und besondere Begegnungen in authentischer Umgebung, ist es doch so oft das, was es am Ende nicht ist. Und wenn das Versprechen doch gehalten wird, ist es bedauerlich erwartbar. Der emotionsgeladene Moment der Überraschung, mit dem das Erlebnis über uns hereinbricht, widerspricht im Kern dem Versprechen der Experience. Je konkreter das Versprechen ausformuliert wird, desto schlimmer klafft die Lücke zwischen Realität und Erwartungshaltung.
BODY OF KNOWLEDGE
Gefühle in Zeiten des Kapitalismus
Adorno-Vorlesungen 2004
→ Suhrkamp
"Eva Illouz zeigt in diesem zum Klassiker gewordenen Buch, dass der Kapitalismus eine intensive emotionale Kultur ausgebildet hat, die sich in allen Lebensbereichen zeigt: am Arbeitsplatz, in der Familie und in jeder Form von sozialen Beziehungen. Und während ökonomische Beziehungen immer stärker durch Gefühle bestimmt werden, gilt für das Reich der Gefühle, dass sie durch eine Ökonomisierung geprägt sind, die von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Trennung das Gefühlsleben reguliert. Illouz geht diesem emotionalen Kapitalismus nach – in Internet-Chats und Partnerbörsen, in Lifestyle-Magazinen und Filmen. Und sie nimmt jene Berufsgruppe in den Blick, die aus den Irrungen und Wirrungen der Gefühle ihr Kapital zieht: die klinischen Psychologen."
Beobachtung: Sabeth Wiese
Eva Illouz und Beobachtungen über die Wurzeln der Experience
MAI 2023
Wenn sich bei mir etwas aus dem Designstudium eingebrannt hat, dann wohl folgende Antworten auf folgende Fragen: „Was gestaltet Industriedesign?“ ‒ „Hardware, Software, Services“. „Und worauf kommt es dabei an?“ ‒ „Die Experience, die Experience, die Experience!“ Es ist erstaunlich, wie tief das sitzt. Dabei wurde die Frage „Was ist das eigentlich, die Experience?“ nicht systematisch in meinem Studium geklärt, aus der Designpraxis und vielen kleineren Gesprächen, aus Vorträgen und Büchern ist es dennoch deutlich geworden. Eine andere Frage wurde jedoch nie beantwortet und sie hat sich mir erstaunlicherweise auch noch nie gestellt: Wann haben wir eigentlich angefangen so einen Wert auf die Experience zu legen? Und warum? In welchem gesellschaftlichen Wertewandel wurzelt das Ideal der Experience?
Diese Frage hat sich mir auch dann noch nicht gestellt, als ich das Buch „Gefühle in Zeiten des Kapitalismus“ von Eva Illouz zur Hand genommen habe. Interessiert hat mich, wie die doch recht kritische Soziologin Illouz das Aufladen von Objekten mit Emotionen durch deren Produzenten reflektiert und beleuchtet. „Eva Illouz geht […] von der überraschenden These aus, dass die Kultur des Kapitalismus eine intensive emotionale Kultur herausgebildet hat […] Während ökonomische Beziehungen immer stärker durch Gefühle bestimmt werden, gilt für das Reich der Gefühle das Umgekehrte: Sie sind durch eine Ökonomisierung geprägt […].“, heißt es im Klappentext. Der Blick ins Inhaltsverzeichnis hätte jedoch schnell geklärt: mit Objekten, wie das Industriedesign sie gestaltet, beschäftigt sie sich nicht. Sie interessiert sich stattdessen für Dating-Apps und Plattformen, Ratgeberliteratur, Romane und Filme.
In dem Sinne ist „Gefühle in Zeiten des Kapitalismus“ keine gute Lektüre, um die Frage, woher der Fokus auf die Experience tatsächlich kommt, strukturiert und ausführlich zu beantworten. Stattdessen ist der folgende Text eine Sammlung bruchstückhafter Beobachtungen, die Ausgangspunkte für mögliche Antworten enthalten.
Beobachtung 1: Das Individuum, das zu permanenter Reflexion seiner eigenen Emotionen und den Emotionen der anderen gedrängt wird, kann nicht anders, als auch den Emotionsgehalt von allem zu beobachten, womit es sich umgibt und womit sich andere umgeben.
In ihrem Buch beleuchtet Illouz den neuen Stellenwert einer ausgeprägten emotionalen Intelligenz. „Die emotionale Intelligenz spiegelt gut den emotionalen Stil und die emotionalen Dispositionen der neuen Mittelschicht wider, die sich in vermittelnden Positionen befinden, die also kontrollieren und kontrolliert werden, deren Berufe ein sorgfältiges Selbstmanagement erfordern, die stark von der Kooperation anderer abhängen und ihr Selbst sowohl kreativ als auch produktiv nutzen müssen.“ (S. 102) Diese emotionale Intelligenz ist eben sowohl im Privatleben als auch im Beruf konstant gefordert, die Antennen für unterschwellige Emotionen immer wach. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass auch das eine Ursache dafür ist, dass wir einerseits Objekte geradezu selbstverständlich auf ihren Emotionsgehalt untersuchen. Andererseits wissen wir, dass wir selbst wiederum konstant von anderen mit der gleichen Genauigkeit beobachtet werden.
Beobachtung 2: Das Individuum, das sich selbst kennt, versteht und verwirklicht, wird zum Ideal. Eine ausdifferenzierte emotionale Umgebung als Zeugnis gelungener und gelebter Reflexion wurde zum Statussymbol. Das Internet verschärft diesen Prozess.
„Zum zweiten bringt das Erstellen eines Profils im Internet, wie auch andere psychologisch-kulturelle Formen […], dazu, das private Selbst in einen öffentlichen Auftritt zu verwandeln. Genauer, das Internet macht das private Selbst sichtbar und stellt es einem abstrakten und anonymen Publikum vor, das gleichwohl kein Publikum ist […], sondern eine Ansammlung privater Selbste. [...] Schließlich trägt das Internet, wie das psychologische Weltbild insgesamt, zu einer Textualisierung der Subjektivität bei […], das heißt zu einer Art des Selbstzugangs, die das Selbst mit Hilfe visueller Mittel der Repräsentation und Sprache externalisiert und objektiviert.“ (S. 119) Um bei Illouz Bespielen zu bleiben, nicht nur die Selbstrepräsentation auf DatingApps externalisiert das Selbst, auch die Frage welche App, bzw. welche damit verknüpfte Experience repräsentativ ist: ist es die lässige von Tinder, die mild-feministische von Bumble oder die sex-positiv-woke von Feeld. Schon die bewusste Wahl zwischen Dating-App, die reflektiert in Bezug auf eigene Werte getroffen wurde, ist ein soziales Distinktionsmerkmal.
Beobachtung 3: Wir erlauben uns nur noch ein eingeschränktes emotionales Spektrum. Während es grundsätzlich in allen Lebensbereichen zum Ideal wurde, nahbar, persönlich und warm aufzutreten und somit der Emotionsgehalt dieser Lebensbereiche stieg, finden negative Gefühle immer weniger Raum. Die Experience von Produkten und Services spiegelt diese Entwicklung wider.
Illouz beobachtet, dass das Selbst, das als reflektiert und kultiviert gelten möchte, sich nur noch ein eingeschränktes emotionales Spektrum erlaubt: keine Wut, kein Zorn, keine laute Enttäuschung. Das private Selbst bleibt in der Partnerschaft, der Freundschaft und der Elternschaft stets genauso freundlich, kooperativ und ausgeglichen wie am Arbeitsplatz. Wenn man überlegt wie viele Projekte sich mit den Worten sanft, warm, manchmal sogar sweet, aber immer ernstzunehmend, charaktervoll individuell, aber ohne sich nervig in den Vordergrund zu drängen, anpassungsfähig, ohne beliebig zu sein, feine Anklänge von Humor, aber ohne zu laut zu sein, das heißt: ohne Gefahr zu laufen auch mal unpassend zu sein beschreiben lassen, fällt einem verdammt viel ein. Aber das sind nicht nur Beschreibungen, die auf alle Objekte von Hay, auf Kaffeevollautomaten und den Golf, auf tausendundeine Wbsites mit viel Weißraum und Akzenten in freundlichen Farben zutreffen, sondern genauso auch auf den*die ideale Kollegen:in oder Mitbewohner:in.
Beobachtung 4: Dieser Aspekt, der sich auch bei Illouz findet, ist der naheliegendste, sicherlich am öftesten formulierte und am Ende entscheidende: um Produkte zu differenzieren reichen die „harten“ Produktmerkmale nicht mehr aus. Weder denen, die Produkte auf dem Markt platzieren, noch uns als Konsument:innen.
Illouz schreibt in Bezug auf Dating-Plattformen, doch das lässt sich verallgemeinern: „Die Technologie des Internets verschmilzt zwei zentrale kulturelle Logiken oder Arten, das Selbst auf den Plan zu rufen: die der Psychologie und des Konsumismus. Indem es die Logiken des Konsumismus und der Psychologie benutzt und sich auf sie stützt, radikalisiert das Internet die Forderung, für sich selbst das beste (ökonomische und psychologische) Geschäft zu machen. Genauer, die psychologischen Kategorien finden Verwendung, um die romantischen Begegnungen in die konsumistische Logik der zunehmenden Spezifizierung, Definition und Verfeinerung des Geschmacks zu integrieren.“ (S. 129) Denn am Ende ist die Experience genau das: eine weitere Dimension, in der wir unseren Geschmack beziehungsweise unser Selbst repräsentieren können.
Beobachtung 5: Illouz deutet aber auch die Kehrseite der Experience an: Zynismus
„Ja, es dürfte aufgefallen sein, dass die meisten der von mir zitierten Interviews eine Kombination aus Müdigkeit und Zynismus aufweisen […]. Dieser Zynismus […] entspringt der Routinebildung, die durch die bloße Masse an Begegnungen und durch die Marktstruktur und Marktkultur ausgelöst wird […]. Der Zynismus ist eine […] Gefühlsstruktur, die besonders in spätkapitalistischen Gesellschaften aus einer Eigenschaft des Bewusstseins und des Handels hervorgeht. Ich denke, dass Adorno diesen Zynismus im Sinn hatte, als er skizzierte, wie sich die Konsumenten in den Gesellschaften der Gegenwart auch dann noch genötigt fühlen, Produkte […] zu kaufen und benutzen, wenn sie sie durchschauen. Durchschauen und Gehorchen, so Adorno, das ist die dominate Art im Umgang mit Konsumgütern in spätkapitalistischen Gesellschaften.“ (S. 132) So schlummert also der permanente Selbstbetrug in der versprochenen Experience. Verspricht Airbnb einzigartige Erlebnisse und besondere Begegnungen in authentischer Umgebung, ist es doch so oft das, was es am Ende nicht ist. Und wenn das Versprechen doch gehalten wird, ist es bedauerlich erwartbar. Der emotionsgeladene Moment der Überraschung, mit dem das Erlebnis über uns hereinbricht, widerspricht im Kern dem Versprechen der Experience. Je konkreter das Versprechen ausformuliert wird, desto schlimmer klafft die Lücke zwischen Realität und Erwartungshaltung.
BODY OF KNOWLEDGE
Gefühle in Zeiten des Kapitalismus
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→ Suhrkamp
"Eva Illouz zeigt in diesem zum Klassiker gewordenen Buch, dass der Kapitalismus eine intensive emotionale Kultur ausgebildet hat, die sich in allen Lebensbereichen zeigt: am Arbeitsplatz, in der Familie und in jeder Form von sozialen Beziehungen. Und während ökonomische Beziehungen immer stärker durch Gefühle bestimmt werden, gilt für das Reich der Gefühle, dass sie durch eine Ökonomisierung geprägt sind, die von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Trennung das Gefühlsleben reguliert. Illouz geht diesem emotionalen Kapitalismus nach – in Internet-Chats und Partnerbörsen, in Lifestyle-Magazinen und Filmen. Und sie nimmt jene Berufsgruppe in den Blick, die aus den Irrungen und Wirrungen der Gefühle ihr Kapital zieht: die klinischen Psychologen."
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