Rezension: Sabeth Wiese
Backstage Talks Magazine
AUG 2023
Es ist etwas ironisch als Designblog-Autorin – und ich schäme mich auch etwas dafür –, aber ich lese nie Designmagazine, und habe auch in der Vergangenheit kaum welche gelesen. In vielen Magazinen sind mir die Artikel zu kurz und oberflächlich, die Themen sind mir zu fern, zu nah – man kann es mir kaum recht machen und in der gnadenlosen Aufmerksamkeitsökonomie gewinnen dann doch meist die Polit-, Gesellschafts- oder Wirtschaftsmagazine.
Dass ich das Backstage Magazin (fast durch-)gelesen habe, lag einerseits daran, dass es mir in den Schoß gefallen ist und ich nicht 25€ dafür zahlen musste und andererseits daran, dass es formal, konzeptionell und inhaltlich ein Magazin ist, das mich tatsächlich abholt.
Das Design macht Spaß, es fühlt sich luxuriös an, das Papier, die Farben und vor allem die nahezu völlige Abwesenheit von Werbung. Es ist ein Magazin, das man gerne in Griffweite liegen lässt und in dem man gerne blättert. Dabei lachen einen anders als in banalen Coffee-Table-Magazinen kaum Bilder, sondern mutiges Color-Blocking und vor allem: viel Text an. Jedes Interview ist unerwartet lang, immer kommt der Punkt an dem ich denke, jetzt umblättern, dann kommt das Gespräch zum Schluss, aber dann kommen doch noch zwei Doppelseiten. So wünsche ich mir das. Ich lese einen Artikel und bin satt danach, was ich gegenüber meinem Instagram Feed schätze, wo ich vor lauter visueller “Snacks” nicht aufhören kann.
Wer vielleicht schon an meiner Wortwahl hängen geblieben ist: ja, (fast) jeder Artikel ist ein Interview. Zunächst war ich enttäuscht, der klärende Blick auf die Website hat die Enttäuschung aber verfliegen lassen. “Backstage Talks is a magazine of casual, but in depth dialogues on design and business. Our decisions shape and influence this complex world—to have a chance to make the right ones, we need to talk.” Das erklärt auch, warum sich manche Interviews etwas naiv anfühlen, sie sind tatsächlich “casual”. Ob einen die interviewten Personen interessieren ist natürlich Geschmackssache, mein Eindruck war aber, da ist etwas für jeden dabei: Grafikdesign, glossy Architektur, Soziologie, Musik, Designstrategie… Wirklich spannend fand ich das Interview über die tatsächliche Bedeutung von Empathie als soziologisch-psychologischen Fachbegriff und artverwandte Phänomene, das den Begriff Empathie als Design-Buzzword in seine Schranken verweist.
Herausgegeben wird das Magazin jährlich von Milk Studios in Bratislava. Ein Abo gibt es nicht, insofern hoffe ich, dass mir nächstes Jahr die neue Ausgabe wieder in den Schoß fällt oder mich jemand anderes erinnert, die neue Ausgabe zu bestellen.
BODY OF KNOWLEDGE
Rezension: Sabeth Wiese
Backstage Talks Magazine
AUG 2023
Es ist etwas ironisch als Designblog-Autorin – und ich schäme mich auch etwas dafür –, aber ich lese nie Designmagazine, und habe auch in der Vergangenheit kaum welche gelesen. In vielen Magazinen sind mir die Artikel zu kurz und oberflächlich, die Themen sind mir zu fern, zu nah – man kann es mir kaum recht machen und in der gnadenlosen Aufmerksamkeitsökonomie gewinnen dann doch meist die Polit-, Gesellschafts- oder Wirtschaftsmagazine.
Dass ich das Backstage Magazin (fast durch-)gelesen habe, lag einerseits daran, dass es mir in den Schoß gefallen ist und ich nicht 25€ dafür zahlen musste und andererseits daran, dass es formal, konzeptionell und inhaltlich ein Magazin ist, das mich tatsächlich abholt.
Das Design macht Spaß, es fühlt sich luxuriös an, das Papier, die Farben und vor allem die nahezu völlige Abwesenheit von Werbung. Es ist ein Magazin, das man gerne in Griffweite liegen lässt und in dem man gerne blättert. Dabei lachen einen anders als in banalen Coffee-Table-Magazinen kaum Bilder, sondern mutiges Color-Blocking und vor allem: viel Text an. Jedes Interview ist unerwartet lang, immer kommt der Punkt an dem ich denke, jetzt umblättern, dann kommt das Gespräch zum Schluss, aber dann kommen doch noch zwei Doppelseiten. So wünsche ich mir das. Ich lese einen Artikel und bin satt danach, was ich gegenüber meinem Instagram Feed schätze, wo ich vor lauter visueller “Snacks” nicht aufhören kann.
Wer vielleicht schon an meiner Wortwahl hängen geblieben ist: ja, (fast) jeder Artikel ist ein Interview. Zunächst war ich enttäuscht, der klärende Blick auf die Website hat die Enttäuschung aber verfliegen lassen. “Backstage Talks is a magazine of casual, but in depth dialogues on design and business. Our decisions shape and influence this complex world—to have a chance to make the right ones, we need to talk.” Das erklärt auch, warum sich manche Interviews etwas naiv anfühlen, sie sind tatsächlich “casual”. Ob einen die interviewten Personen interessieren ist natürlich Geschmackssache, mein Eindruck war aber, da ist etwas für jeden dabei: Grafikdesign, glossy Architektur, Soziologie, Musik, Designstrategie… Wirklich spannend fand ich das Interview über die tatsächliche Bedeutung von Empathie als soziologisch-psychologischen Fachbegriff und artverwandte Phänomene, das den Begriff Empathie als Design-Buzzword in seine Schranken verweist.
Herausgegeben wird das Magazin jährlich von Milk Studios in Bratislava. Ein Abo gibt es nicht, insofern hoffe ich, dass mir nächstes Jahr die neue Ausgabe wieder in den Schoß fällt oder mich jemand anderes erinnert, die neue Ausgabe zu bestellen.
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