Projekt: Sabeth Wiese
Präzision egal, strategisch kling halt geil.
Ein Mini-Glossar
MAI 2025
Wer für den holistischen, frühzeitigen Einsatz von Design und einen Platz am Tisch des Top-Managements für Design wirbt, muss mit wohlklingenden Begriffen um sich werfen: Design Leadership, strategisches Design, Design-led Innovation, Design-led Strategy, Design Management, DesignOps, Design Thinking, Experience…
Prägnant definieren konnte ich diese Begriffe nie, aber bisher dachte ich, dass ich doch gut verstehe, was sie meinen. Aber diese Bezeichnungen sind fies: je tiefer man in Definitionen eintaucht, umso mehr scheinen sie einem zu entgleiten. Kann es sein, dass es keine echte Definition gibt, weil wir diese Begriffe inkonsistent verwenden?
Dabei schafft an vielen Stellen die Designwissenschaft Klarheit, wo sie sich in die Innovationswissen hineinbewegt und sich Nicht-Designer:innen erklären muss. Im Rahmen meiner BWL-Abschlussarbeit habe ich Definitionen zu Design (im Unternehmenskontext), Strategischem Design, Design Leadership, Design Management, Design Ops und Design(erly) Thinking, Design as Process, Design as Strategy und Design-led Strategy im Kontext der Design Maturity zusammengetragen, um zumindest in einige zentrale Begriffe Klarheit zu bringen. Diese Definitionen haben vor dem Hintergrund inkonsistenter Verwendungen und Aufladungen kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Design (im Unternehmenskontext)
Design wird meist nach Herbert Simon definiert als “transformation of existing conditions into preferred ones” (1996, S. 111). So populär, wie diese Definition auch ist, so wenig hilfreich ist sie, da sie keine geeignete Abgrenzung von anderen Disziplinen wie den Ingenieurswissenschaften oder nicht mal von der BWL als prozessgestaltende Disziplin ermöglicht (vgl. Johansson-Sköldberg et al., 2013, S. 124).
Sahakian und Jouini (vgl. 2023, S. 735f.) hingegen bieten eine Übersicht über verschiedene Ansätze an, Design zu charakterisieren: über die Herangehensweise an Probleme (vgl. Brown, Barry, 2011, S. 383), als Mindset und Einstellung (vgl. Schweitzer et al., 2016, S.71), als Praktiken (vgl. Dell'Era et al., 2020, S. 328), als Themen (user focus, problem framing, visualization, experimentation, and diversity)(vgl. Carlgren et al., 2016, S.46), als Prozess (needsfinding, brainstorming, and prototyping)(vgl. Seidel, Fixson, 2013, S. 20f.), als Werkzeug (vgl. Liedtka, 2015, S. 929) und als Kultur (vgl. Carlgren, BenMahmoud-Jouini, 2022, S.46). Sahakian und Jouini (vgl. 2023, S. 736) charakterisieren Design als Dynamic Capability, eben so wie Cautela et al. (vgl. 2022, S.4).
Was die unterschiedlichen Ansätze einer Definition eint, ist das Herausstellen einer nutzerzentrierten, empathischen und iterativen Herangehensweise, die in professioneller kreativer Praxis gründet. Vorteil dieser vageren Definition ist, dass sie das Design auch in unterschiedlichen Rollen umfasst.
Diese Definition bestätigt das Bauchgefühl vieler Designerinnen, sie macht deutlich, wie wesentlich Kultur, Einstellungen und Mindset neben den „harten“ Kompetenzen für die Definition von Design ist. Weil sich die inhaltlichen Aspekte dabei gleichen, fasse ich hier kulturelle und mentale Dimension unter dem Oberbegriff disziplinäre Haltung zusammen.
Die disziplinäre Haltung von Design bzw. Design(erly) Thinking bestehen aus einem Fokus auf
♦ Empathie, qualitativer Forschung und Tests zur Generierung von Wissen,
♦ einer langfristigem Zeitwahrnehmung, die geprägt ist durch Iterationen verschiedener Arbeitsmodi,
♦ intrinsischer Motivation durch Entwicklung von Stakeholder Value,
♦ einer kritischen Grundhaltung und Offenheit gegenüber Ambiguität und Risiko als Möglichkeit zu lernen,
♦ der Wahrnehmung von Emotionalität als Stärke in der Zusammenarbeit,
♦ einer starken Präferenz für inklusive Kollaboration diverser Stakeholder,
♦ Autonomie statt Regeln und Hierarchie,
♦ externen Input als Inspiration und Korrektiv,
♦ einem Action Bias.
(Carlgren, BenMahmoud-Jouini, 2022, S. 52; Schweitzer et al., 2016, S. 77ff.)
Strategisches Design
Strategisches Design wird vor allem in Stellenausschreibungen und der Praktikerliteratur oft erwähnt, aber ist ein sogar für Designverhältnisse besonders ungenauer Begriff. Immer beinhaltet er eine besonders frühzeitige und dabei holistische Anwendung von Design im Produktentwicklungsprozess, wobei manche stärker auf die Ausrichtung auf die strategischen Ziele des Unternehmens eingehen (vgl. Grimsgaard, 2023, S. XI), während sich andere mehr auf externe Aspekte wie Nachhaltigkeit oder Anthropologie beziehen (vgl. Bürdek, 2015, S. 199f.).
Damit deutet sich weniger eine klassische Disziplin an, die mit spezifischen Methoden spezifische Objekte gestaltet, sondern die Art der Umsetzung anderer Designdisziplinen mit größerem Einsatzfeld und zusätzlichen Kompetenzen.
Design Leadership, Design Management und DesignOps
Die beiden Begriffe Design Leadership und Design Management werden gelegentlich widersprüchlich verwendet, was daran liegen mag, dass Management- als Führungsrolle Leadership und Management vereint (vgl. Kotter, 1990, S. 103ff.), während es auch Management- als Planungsrollen gibt, die nur Organisation, aber keine Führung beinhalten (z.B. oft im Projektmanagement).
Design Leader (auch Design Manager genannt) leiten die Designteams (vgl. Quint, 2022, S. 2) innerhalb von Unternehmenseinheiten oder darüber hinweg, entwickeln die Zusammenarbeit mit anderen Funktionen und entwerfen im Hinblick auf die Unternehmens- und Geschäftsfeldstrategien die Funktionalstrategie bzw. das strategische Programm der Designfunktion (vgl. Quint, et al., 2022, S. 112). Die höchstmögliche, aber selten besetzte Rolle ist der Chief Design Officer (CDO). Von manchen wird Einfluss auf den strategischen Ebenen als Teil der Design Leadership bzw. Design Management als Teil der Definition formuliert (vgl. Design Management Institute (DMI) Definition Design Management zitiert nach Bürdek, 2015, S. 197).
Design Management (auch DesignOps bzw. Design Operations genannt) beschäftigt sich der Optimierung der Effektivität und Effizienz bestehender Designprozesse. (Vgl. Quint et al., 2022, S. 381)
Design(erly) Thinking
Design(erly) Thinking ist entstanden durch die Isolierung von Design als Problemlösungsprozess aus seinem ursprünglichen Kontext der Formgebung (Vgl. Magistretti, S. et al., 2022, S. 2). Dennoch haben sich zwei grundsätzlich unterschiedliche Diskurse zu dem Thema entwickelt: Designerly Thinking reflektiert die Kompetenzen von Design aus der Binnenperspektive der Designdisziplin, während Design Thinking (DT) aus dem Übertrag für Nicht-Designer:innen vereinfachter Designmethoden in den Managementdiskurs entstanden ist (Vgl. Johansson-Sköldberg, U. et al., 2013, S. 123; Wrigley, C. et al., 2020, S.126). Der formalisierten Methodensatz von DT wird im Rahmen von Stakeholder-übergreifenden Workshops eingesetzt, um neue Konzepte zu entwickeln. Kernprinzipien sind „focus on the user, challenge the problem, include diverse problems, make tangible and experiment” (Rauth, I. et al., 2014, S. 48; Vgl. Knight, E. et al., 2020, S. 32). DT kann als Design betrachtet werden, wo professionelle Designer:innen den Prozess unterstützen und trotz formalisierter Methoden ein gewisses Ausmaß an designtypischer intuitionsfokussierter ,messiness‘ erhalten bleibt (Vgl. Bouman, N./Simonse, L., 2023, S. 22).
Auf der Perspektive dieser Zweiteilung in Designerly und Design Thinking sind die Bauchschmerzen vieler Designer:innen bei Erwähnung von Design Thinking nachvollziehbar. Johansson-Sköldberg, Woodilla und Çetinkaya (vgl. Johansson-Sköldberg et al., 2013, S. 124) kommen zu dem Schluss, dass Designerly Thinking mehr intellektuelle Tiefe mitbringt und charkterisieren folgende Sub-Diskurse:
♦ Design and designerly thinking as the creation of artefacts (Simon, 1969).
♦ Design and designerly thinking as a reflexive practice (Schön, 1983).
♦ Design and designerly thinking as a problem-solving activity (Buchanan, 1992 based on Rittel and Webber, 1973).
♦ Design and designerly thinking as a way of reasoning/making sense of things (Lawson, 2006 [1980]; Cross, 2006, 2011).
♦ Design and designerly thinking as creation of meaning (Krippendorff, 2006)
Design Maturity / Design as Process / Design as Strategy / Design-led Strategy
Die Rolle, die Design einnimmt, bestimmt seinen Wert für die Organisation. Gerade in der Praxisliteratur wurden zahlreiche Modelle entwickelt, die Rollen von Design schematisch beschreiben (Vgl. Joziasse, F., 2023, S. 31ff.; Quint, E. et al., 2022, S. 9f). 2001 entwickelte das Danish Design Centre die ,Danish Design Ladder‘, die sich – wenn auch nicht wissenschaftlich hergeleitet – als das bekannteste Maturity Modell in der Designwissenschaft etabliert hat. (Vgl. Design Ladder wurde vom Danish Design Centre als Online Ressource publiziert, die nicht mehr verfügbar ist. Hier zitiert nach Björklund, T. et al., 2018, S. 502)
Im Zuge der Entwicklung von einer Stufe der Maturity zur nächsten setzen Unternehmen oft zunächst auf einzelne Interventionen, mit denen erste Erfolge geschaffen werden können. „Design interventions typically take the form of ‘design sprints’ or intensive workshops, […] these engagements often create a ‘sugar-rush‘ type of effect inside an organizations, which is then left to fade away.“ (Wrigley, C. et al., 2020, S.125, 140) Aufgrund mangelnder Tiefe in der Auseinandersetzung liefern sie oft enttäuschende Ergebnisse und führen nicht zu dauerhaften Veränderungen der Kultur oder Prozesse. (Vgl. Carella, G. et al., 2025, S.62; Borja de Mozota, B. et al., 2024, S. 40.) Einzelne Interventionen alleine sind entsprechend nicht ausreichend für die Integration von Design auf strategischer Ebene. Trotzdem führt der Weg zur Integration als systematische, langfristige and eingebettete Nutzung über einzelne Interventionen im Rahmen einer breit angelegten Langzeitinitiative (Vgl. Sahakian, J./BenMahmoud Jouini, S. 2023, S. 734; Nusem, E. et al. 2019, S. 36f). Im Folgenden werden die Stufen der Design Ladder vorgestellt:
1. Nicht-professionelles Design
Gestaltungsaufgaben in Produktentwicklung und Kommunikation werden nicht oder nur sporadisch von professionellen Gestalter*innen übernommen (Vgl. Björklund, T. et al., 2018, S. 503). Die Designqualität bleibt entsprechend gering.
2. Design als Styling
Design wird nur in späten Phasen der Entwicklung von Produkten oder Konzeption von Kommunikationsmedien eingesetzt. „Da [Designer*innen] keine Autorität besitzen […], bleibt es in der Regel beim ‚Hübschmachen‘.“ (Baars, J.-E., 2018, S. 101) Notwendig auch für gutes „Styling“ ist eine Auseinandersetzung mit den Kund*innen, ihren Bedürfnissen, Lebenssituationen und damit zusammenhängenden Trends. Ergebnis davon ist neben guter Oberflächengestaltung, dass Designer:innen einzelne Produktkonzepte, deren Umsetzung, das Produktportfolio und die damit zusammenhängenden Geschäftsfelder sowie das Vorgehen darin kritisch hinterfragen und eigene Ideen für Produkte und Geschäftsmodelle entwickeln. Darin begründet sich das Anliegen der Designdisziplin als ,Anwältin‘ der Kund:innen früh bei der Produkt- und Marketingkonzeption oder sogar auf der strategischen Ebene tätig zu werden. (Vgl. Knight, E. et al., 2020, S. 30f; Baars, J.E., 2018, S. 44ff.)
3. Design als Prozess
Design wird entlang des gesamten Produktentwicklungsprozesses eingesetzt, erforscht Kund:innenbedürfnisse
systematisch, unterstützt bei der Definition der Value Proposition und fördert dabei funktionsübergreifende Kommunikation und Kollaboration (Vgl. Björklund, T. et al., 2018, S. 504; Liu, S. X./Cheng, P., 2024, S.2). In dieser Rolle erleben Designer:innen, wie oft die Qualität der Produkte aus Kund:innenperspektive (insbesondere wenn es sich um Touchpoint-übergreifende Service-Ökosysteme handelt) von internen Konflikten kompromittiert wird und wie oft Innovationen an Kund:innenbedürfnissen vorbei entwickelt werden. Entsprechend streben sie eine Rolle mit mehr Einfluss an, in der sie durch die Durchsetzung von Nutzer:innenzentrierung positiv zum Unternehmenserfolg beitragen können.
4. Design als Strategie bzw. Design-led Strategy
Das Unternehmen wird zwar nicht zwingend von Designer:innen geführt, aber Design „becomes the way of doing things“ (Björklund, T. et al., 2018, S. 505.) und ist ein zentraler Teil des Wettbewerbsvorteils in den Geschäftsfeldern (Vgl. Hvidsten, A. et al., 2023, S. 5). In der Breite der Organisation existiert ein holistisches Verständnis von Design, Design(erly) Thinking ist eine weit verbreitete und selbstverständlich eingesetzte Methodik und die Unternehmenskultur ist nah an der Designkultur (Vgl. Best, K. et al., 2010, S. 29; Hvidsten, A. et al., 2023, S. 5). Design(erly) Thinking wird neben der Produktentwicklung auch auf strategischer Ebene eingesetzt, um auf Basis holistischer Experiences neue Geschäftsfelder und -modelle zu entwickeln und dafür nötige Transformationen der Unternehmenskultur und -struktur voranzutreiben (Vgl. Björklund, T. et al., 2018, S. 505).
BODY OF KNOWLEDGE
Diese Definitionen sind Auszüge aus meiner Bachelorarbeit Hürden bei der Integration von Design auf strategischer Ebene im Fach BWL an der TH Köln im Februar 2025. Da die Arbeit einerseits nach den Vorgaben einer wissenschaftlichen Arbeit geschrieben werden musste, und andererseits bei den Prüfern als Betriebswirten keinerlei Vorwissen vorausgesetzt werden konnte, musste ich mich der Herausforderung stellen, alle designtypischen Begriffe sauber zu definieren und Inkonsistenzen offenzulegen.
Drei Begriffe, die beim Verständnis der Designdefinitionen im Unternehmen hilfreich sein können
Kompetenz sind die Fähigkeiten und Ressourcen eines Unternehmens, die es ihm ermöglichen, Wettbewerbsvorteile zu erzielen und erfolgreich zu sein. Im Rahmen des Resource-Based View (RBV) werden Kompetenzen als strategische Ressourcen betrachtet, die einzigartig, wertvoll, selten und schwer zu imitieren sind. Diese Ressourcen können sowohl materiell als auch immateriell sein, wie beispielsweise technologische Fähigkeiten, Markenreputation oder organisatorisches Wissen. Der RBV betont, dass Unternehmen durch die optimale Nutzung ihrer internen Ressourcen und Fähigkeiten nachhaltige Wettbewerbsvorteile erzielen können. Dynamic Capabilities erweitern dieses Konzept, indem sie die Fähigkeit eines Unternehmens beschreiben, seine Ressourcen kontinuierlich anzupassen, zu erneuern und neu zu konfigurieren, um auf sich verändernde Marktbedingungen zu reagieren. Diese dynamischen Fähigkeiten umfassen Prozesse wie Lernen, Integration und Transformation, die es dem Unternehmen ermöglichen, sowohl kurzfristige als auch langfristige Wettbewerbsvorteile zu sichern. Während Kompetenzen im RBV als statische Ressourcen betrachtet werden, betonen Dynamic Capabilities die Notwendigkeit, diese Ressourcen flexibel und agil zu nutzen, um in einem dynamischen Umfeld erfolgreich zu sein. Beide Ansätze unterstreichen die Bedeutung von Kompetenzen für die strategische Planung und die Fähigkeit eines Unternehmens, sich an Veränderungen anzupassen und innovative Lösungen zu entwickeln.
Dynamic Capabilities sind die Fähigkeiten eines Unternehmens, sich kontinuierlich anzupassen, zu erneuern und neu zu gestalten, um in einem sich dynamisch verändernden Umfeld wettbewerbsfähig zu bleiben. Diese Fähigkeiten umfassen die Integration, den Aufbau und die Umgestaltung interner und externer Kompetenzen, um auf Marktveränderungen zu reagieren und innovative Formen von Wettbewerbsvorteilen zu erzielen. Dynamic Capabilities sind besonders hilfreich, um die Quellen von Wettbewerbsvorteilen in extrem volatilen Märkten zu erklären.
Wertschöpfung bezieht sich auf den Prozess, durch den ein Unternehmen Mehrwert für seine Kunden schafft, indem es Ressourcen in Produkte oder Dienstleistungen umwandelt, die die Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden erfüllen oder übertreffen. Wertschöpfung ist zentral für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens, da sie die Grundlage für Kundenloyalität und Wettbewerbsvorteile bildet. Wertaneignung hingegen bezieht sich auf die Fähigkeit eines Unternehmens, den geschaffenen Wert zu erfassen und zu nutzen, indem es Gewinne und andere Vorteile aus seinen Produkten oder Dienstleistungen zieht. Dies kann durch Preisgestaltung, Markenbildung, Patente und andere isolierende Mechanismen geschehen, die verhindern, dass der geschaffene Wert sofort von Wettbewerbern oder Kunden übernommen wird. Während Wertschöpfung und Wertaneignung oft miteinander verbunden sind, können sie auch getrennt voneinander auftreten. Ein Unternehmen kann beispielsweise großen Wert schaffen, indem es innovative Produkte entwickelt, aber Schwierigkeiten haben, diesen Wert anzueignen, wenn es nicht in der Lage ist, angemessene Preise zu erzielen oder seine Innovationen vor Nachahmung zu schützen. Umgekehrt kann ein Unternehmen erfolgreich Wert aneignen, indem es starke Marken und Patente oder seine Monopolstellung nutzt, ohne unbedingt neuen Wert zu schaffen.
Baars, J.-E. (2018): Leading Design. Design strategisch einsetzen: Wie Unternehmen da volle Potential entfalten!, 1. Aufl., München 2018.
Best, K. et al. (2010): Design Management and Business in Europe: A Closer Look, in: Design Management Review, J. 21 (2010), H.1, S. 26-35.
Björklund, T. et al. (2018): Measuring the impact of design, service design and design thinking in organizations on different maturity levels, in: Linköping Electronic Conference Proceedings, Jg. 150 (2020), S. 500-511.
Borja de Mozota, B. et al. (2024), Designence 2.0: Strategic Design for a Respon-sible Future in Action, in: Design Management Review, Jg. 35 (2024), H.1, S. 46-56.
Bouman, N./Simonse, L. (2023): How strategic design abilities address unmet value in service engagement strategies, in: Journal of Services Marketing, Jg. 37 (2023), H. 10, S. 22-34.
Brown, T./Katz B. (2011): Change by Design, in: Journal of Product Innovation Management, Jg. 28 (2011), H. 3
Buchanan, R. (1992) Wicked Problems in Design Thinking. Design Issues, 8, 5–21.
Bürdek, B. E. (2015): Design. Geschichte, Theorie und Praxis der Produktgestaltung, 4. Auf., Basel 2015 (Erstaufl. 1991)
Carella, G. et al. (2025): Boosting Design Thinking adoption in organisations through a game-based toolkit. A gamified approach in building facilitators to overcome Design Thinking adoption barriers, in: Creativity and Innovation Management, Jg. 34 (2024), H. 1, S 61–74.
Carlgren, L. et al. (2016a): Framing Design Thinking: The Concept in Idea and Enactment, in: Creativity and Innovation Management, Jg. 25 (2016), H. 1
Carlgren, L./BenMahmoud-Jouini, S. (2022): When cultures collide: What can we learn from frictions in the implementation of design thinking?, in: Journal of Product Innovation Management, 39. Jg. (2022), H. 1
Cautela, C. et al. (2022): Microfoundations of Dynamic Design Capabilities: An Empirical Analysis of ‘Excellent’ Italian Design Firms, in: Journal of Product Innovation Management, Jg. (2022), H. 1
Cross, N. (1999) Design Research: A Disciplined Conversation. Design Issues, Jg. 15, 5–10.
Dell'Era, C. et al. (2020): Four Kinds of Design Thinking: From Ideating to Making, Engaging, and Criticizing, in: Creativity and Innovation Management, Jg. 29 (2020), H. 2
Hvidsten, A. et al. (2023): Designer(ly) Thinking: Supporting Organizational Chan-ge and Leadership, in: Journal of Change Management, Jg. 23 (2023), H. 1, S. 1-11.
Johansson-Sköldberg, U. et al. (2013): Design Thinking: Past, Present and Possible Futures, in: Creativity and Innovation Management, Jg. 22 (2013), H. 2, S
Joziasse, F. (2023): Design Leadership and Design Evolution Around the Globe. PARK, a Reflection on 25 Years, in: Design Management Review, Jg. 34 (2023), Nr. 3, S. 30–34.
Grimsgaard, W. (2023): Design and strategy. A step-by-step guide. 1. Aufl., London 2023
Lawson, B. (2006 [1980]) How Designers Think: The Design Process Demyistfied, 4th edn. Architectual Press, Oxford.
Liu, S. X./Cheng, P. (2024): Transforming mature design management to better firm performance: The importance of top management involvement, in: De-sign Studies, Jg. 95 (2024), Nr. 101276, S. 1-27.
Knight, E. et al. (2020): Design-led Strategy: How to bring Design Thinking into the Art of Strategic Management, in: California Management Review, Jg. 62 (2020), Nr. 3, S. 30-52.
Kotter, J. P. (1990): What Leaders really do, in: Harvard Business Review, Jg. (1990), H. 3
Krippendorff, K. (2006) The Semantic Turn: A New Foundation for Design. Taylor and Francis, Boca Raton
Liedtka, J. (2015): Perspective: Linking Design Thinking with Innovation Outcomes through Cognitive Bias Reduction: Design Thinking, in: Journal of Product Innovation Management, Jg. 32 (2015), H. 6
Magistretti, S. et al. (2022): Framing the multifaceted nature of design thinking in addressing different innovation purposes, in: Long Range Planning, Jg. 55 (2022), H. 5
Nusem, E. et al. (2019): Toward Design Orientation and Integration. Driving De-sign from Awareness to Action, in: Design Issues; Jg. 35 (2019), H.3, S. 35–49.
Quint, E. et al. (2022): Design leadership ignited. Elevating design at scale, 1. Aufl., Stanford 2022.
Rauth, I. et al. (2014): Making It Happen. Legitimizing Design Thinking in Large Organizations, in: Design Managment Journal, Jg. 9 (2014), H.1, S. 47-60.
Rittel, H. and Webber, M. (1973) Dilemmas in a General Theory of Planning. Policy Sciences, 5, 155–69.
Sahakian, J./BenMahmoud Jouini, S. (2023): Building design as a dynamic capability: A model for design integration, in: Journal of Product Innovation Management, Jg. (2023), H. 5
Schön, D. (1983) The Reflective Practitioner: How Professionals Think in Action. Basic Books, Cambridge, MA.
Schweitzer, J. et al. (2016): The Design Thinking Mindset: An Assessment of What we Know and What we See in Practice, in: Journal of Design, Business & Society Jg. 2 (2016), H. 1
Seidel, V. P./ Fixson, S. K. (2013): Adopting Design Thinking in Novice Multidisciplinary Teams: The Application and Limits of Design Methods and Reflexive Practices, in: Journal of Product Innovation Management Jg. 30 (2013), H. 12
Simon, H. A. (1996): The Sciences of the Artificial. 3. Aufl., Cambridge 1996
Wrigley, C. et al. (2020): Implementing Design Thinking: Understanding Organizational Conditions, in: California Management Review, Jg. 62 (2020), H. 2
Projekt: Sabeth Wiese
Präzision egal, strategisch kling halt geil.
Ein Mini-Glossar
MAI 2025
Wer für den holistischen, frühzeitigen Einsatz von Design und einen Platz am Tisch des Top-Managements für Design wirbt, muss mit wohlklingenden Begriffen um sich werfen: Design Leadership, strategisches Design, Design-led Innovation, Design-led Strategy, Design Management, DesignOps, Design Thinking, Experience…
Prägnant definieren konnte ich diese Begriffe nie, aber bisher dachte ich, dass ich doch gut verstehe, was sie meinen. Aber diese Bezeichnungen sind fies: je tiefer man in Definitionen eintaucht, umso mehr scheinen sie einem zu entgleiten. Kann es sein, dass es keine echte Definition gibt, weil wir diese Begriffe inkonsistent verwenden?
Dabei schafft an vielen Stellen die Designwissenschaft Klarheit, wo sie sich in die Innovationswissen hineinbewegt und sich Nicht-Designer:innen erklären muss. Im Rahmen meiner BWL-Abschlussarbeit habe ich Definitionen zu Design (im Unternehmenskontext), Strategischem Design, Design Leadership, Design Management, Design Ops und Design(erly) Thinking, Design as Process, Design as Strategy und Design-led Strategy im Kontext der Design Maturity zusammengetragen, um zumindest in einige zentrale Begriffe Klarheit zu bringen. Diese Definitionen haben vor dem Hintergrund inkonsistenter Verwendungen und Aufladungen kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Design (im Unternehmenskontext)
Design wird meist nach Herbert Simon definiert als “transformation of existing conditions into preferred ones” (1996, S. 111). So populär, wie diese Definition auch ist, so wenig hilfreich ist sie, da sie keine geeignete Abgrenzung von anderen Disziplinen wie den Ingenieurswissenschaften oder nicht mal von der BWL als prozessgestaltende Disziplin ermöglicht (vgl. Johansson-Sköldberg et al., 2013, S. 124).
Sahakian und Jouini (vgl. 2023, S. 735f.) hingegen bieten eine Übersicht über verschiedene Ansätze an, Design zu charakterisieren: über die Herangehensweise an Probleme (vgl. Brown, Barry, 2011, S. 383), als Mindset und Einstellung (vgl. Schweitzer et al., 2016, S.71), als Praktiken (vgl. Dell'Era et al., 2020, S. 328), als Themen (user focus, problem framing, visualization, experimentation, and diversity)(vgl. Carlgren et al., 2016, S.46), als Prozess (needsfinding, brainstorming, and prototyping)(vgl. Seidel, Fixson, 2013, S. 20f.), als Werkzeug (vgl. Liedtka, 2015, S. 929) und als Kultur (vgl. Carlgren, BenMahmoud-Jouini, 2022, S.46). Sahakian und Jouini (vgl. 2023, S. 736) charakterisieren Design als Dynamic Capability, eben so wie Cautela et al. (vgl. 2022, S.4).
Was die unterschiedlichen Ansätze einer Definition eint, ist das Herausstellen einer nutzerzentrierten, empathischen und iterativen Herangehensweise, die in professioneller kreativer Praxis gründet. Vorteil dieser vageren Definition ist, dass sie das Design auch in unterschiedlichen Rollen umfasst.
Diese Definition bestätigt das Bauchgefühl vieler Designerinnen, sie macht deutlich, wie wesentlich Kultur, Einstellungen und Mindset neben den „harten“ Kompetenzen für die Definition von Design ist. Weil sich die inhaltlichen Aspekte dabei gleichen, fasse ich hier kulturelle und mentale Dimension unter dem Oberbegriff disziplinäre Haltung zusammen.
Die disziplinäre Haltung von Design bzw. Design(erly) Thinking bestehen aus einem Fokus auf
♦ Empathie, qualitativer Forschung und Tests zur Generierung von Wissen,
♦ einer langfristigem Zeitwahrnehmung, die geprägt ist durch Iterationen verschiedener Arbeitsmodi,
♦ intrinsischer Motivation durch Entwicklung von Stakeholder Value,
♦ einer kritischen Grundhaltung und Offenheit gegenüber Ambiguität und Risiko als Möglichkeit zu lernen,
♦ der Wahrnehmung von Emotionalität als Stärke in der Zusammenarbeit,
♦ einer starken Präferenz für inklusive Kollaboration diverser Stakeholder,
♦ Autonomie statt Regeln und Hierarchie,
♦ externen Input als Inspiration und Korrektiv,
♦ einem Action Bias.
(Carlgren, BenMahmoud-Jouini, 2022, S. 52; Schweitzer et al., 2016, S. 77ff.)
Strategisches Design
Strategisches Design wird vor allem in Stellenausschreibungen und der Praktikerliteratur oft erwähnt, aber ist ein sogar für Designverhältnisse besonders ungenauer Begriff. Immer beinhaltet er eine besonders frühzeitige und dabei holistische Anwendung von Design im Produktentwicklungsprozess, wobei manche stärker auf die Ausrichtung auf die strategischen Ziele des Unternehmens eingehen (vgl. Grimsgaard, 2023, S. XI), während sich andere mehr auf externe Aspekte wie Nachhaltigkeit oder Anthropologie beziehen (vgl. Bürdek, 2015, S. 199f.).
Damit deutet sich weniger eine klassische Disziplin an, die mit spezifischen Methoden spezifische Objekte gestaltet, sondern die Art der Umsetzung anderer Designdisziplinen mit größerem Einsatzfeld und zusätzlichen Kompetenzen.
Design Leadership, Design Management und DesignOps
Die beiden Begriffe Design Leadership und Design Management werden gelegentlich widersprüchlich verwendet, was daran liegen mag, dass Management- als Führungsrolle Leadership und Management vereint (vgl. Kotter, 1990, S. 103ff.), während es auch Management- als Planungsrollen gibt, die nur Organisation, aber keine Führung beinhalten (z.B. oft im Projektmanagement).
Design Leader (auch Design Manager genannt) leiten die Designteams (vgl. Quint, 2022, S. 2) innerhalb von Unternehmenseinheiten oder darüber hinweg, entwickeln die Zusammenarbeit mit anderen Funktionen und entwerfen im Hinblick auf die Unternehmens- und Geschäftsfeldstrategien die Funktionalstrategie bzw. das strategische Programm der Designfunktion (vgl. Quint, et al., 2022, S. 112). Die höchstmögliche, aber selten besetzte Rolle ist der Chief Design Officer (CDO). Von manchen wird Einfluss auf den strategischen Ebenen als Teil der Design Leadership bzw. Design Management als Teil der Definition formuliert (vgl. Design Management Institute (DMI) Definition Design Management zitiert nach Bürdek, 2015, S. 197).
Design Management (auch DesignOps bzw. Design Operations genannt) beschäftigt sich der Optimierung der Effektivität und Effizienz bestehender Designprozesse. (Vgl. Quint et al., 2022, S. 381)
Design(erly) Thinking
Design(erly) Thinking ist entstanden durch die Isolierung von Design als Problemlösungsprozess aus seinem ursprünglichen Kontext der Formgebung (Vgl. Magistretti, S. et al., 2022, S. 2). Dennoch haben sich zwei grundsätzlich unterschiedliche Diskurse zu dem Thema entwickelt: Designerly Thinking reflektiert die Kompetenzen von Design aus der Binnenperspektive der Designdisziplin, während Design Thinking (DT) aus dem Übertrag für Nicht-Designer:innen vereinfachter Designmethoden in den Managementdiskurs entstanden ist (Vgl. Johansson-Sköldberg, U. et al., 2013, S. 123; Wrigley, C. et al., 2020, S.126). Der formalisierten Methodensatz von DT wird im Rahmen von Stakeholder-übergreifenden Workshops eingesetzt, um neue Konzepte zu entwickeln. Kernprinzipien sind „focus on the user, challenge the problem, include diverse problems, make tangible and experiment” (Rauth, I. et al., 2014, S. 48; Vgl. Knight, E. et al., 2020, S. 32). DT kann als Design betrachtet werden, wo professionelle Designer:innen den Prozess unterstützen und trotz formalisierter Methoden ein gewisses Ausmaß an designtypischer intuitionsfokussierter ,messiness‘ erhalten bleibt (Vgl. Bouman, N./Simonse, L., 2023, S. 22).
Auf der Perspektive dieser Zweiteilung in Designerly und Design Thinking sind die Bauchschmerzen vieler Designer:innen bei Erwähnung von Design Thinking nachvollziehbar. Johansson-Sköldberg, Woodilla und Çetinkaya (vgl. Johansson-Sköldberg et al., 2013, S. 124) kommen zu dem Schluss, dass Designerly Thinking mehr intellektuelle Tiefe mitbringt und charkterisieren folgende Sub-Diskurse:
♦ Design and designerly thinking as the creation of artefacts (Simon, 1969).
♦ Design and designerly thinking as a reflexive practice (Schön, 1983).
♦ Design and designerly thinking as a problem-solving activity (Buchanan, 1992 based on Rittel and Webber, 1973).
♦ Design and designerly thinking as a way of reasoning/making sense of things (Lawson, 2006 [1980]; Cross, 2006, 2011).
♦ Design and designerly thinking as creation of meaning (Krippendorff, 2006)
Design Maturity / Design as Process / Design as Strategy / Design-led Strategy
Die Rolle, die Design einnimmt, bestimmt seinen Wert für die Organisation. Gerade in der Praxisliteratur wurden zahlreiche Modelle entwickelt, die Rollen von Design schematisch beschreiben (Vgl. Joziasse, F., 2023, S. 31ff.; Quint, E. et al., 2022, S. 9f). 2001 entwickelte das Danish Design Centre die ,Danish Design Ladder‘, die sich – wenn auch nicht wissenschaftlich hergeleitet – als das bekannteste Maturity Modell in der Designwissenschaft etabliert hat. (Vgl. Design Ladder wurde vom Danish Design Centre als Online Ressource publiziert, die nicht mehr verfügbar ist. Hier zitiert nach Björklund, T. et al., 2018, S. 502)
Im Zuge der Entwicklung von einer Stufe der Maturity zur nächsten setzen Unternehmen oft zunächst auf einzelne Interventionen, mit denen erste Erfolge geschaffen werden können. „Design interventions typically take the form of ‘design sprints’ or intensive workshops, […] these engagements often create a ‘sugar-rush‘ type of effect inside an organizations, which is then left to fade away.“ (Wrigley, C. et al., 2020, S.125, 140) Aufgrund mangelnder Tiefe in der Auseinandersetzung liefern sie oft enttäuschende Ergebnisse und führen nicht zu dauerhaften Veränderungen der Kultur oder Prozesse. (Vgl. Carella, G. et al., 2025, S.62; Borja de Mozota, B. et al., 2024, S. 40.) Einzelne Interventionen alleine sind entsprechend nicht ausreichend für die Integration von Design auf strategischer Ebene. Trotzdem führt der Weg zur Integration als systematische, langfristige and eingebettete Nutzung über einzelne Interventionen im Rahmen einer breit angelegten Langzeitinitiative (Vgl. Sahakian, J./BenMahmoud Jouini, S. 2023, S. 734; Nusem, E. et al. 2019, S. 36f). Im Folgenden werden die Stufen der Design Ladder vorgestellt:
1. Nicht-professionelles Design
Gestaltungsaufgaben in Produktentwicklung und Kommunikation werden nicht oder nur sporadisch von professionellen Gestalter*innen übernommen (Vgl. Björklund, T. et al., 2018, S. 503). Die Designqualität bleibt entsprechend gering.
2. Design als Styling
Design wird nur in späten Phasen der Entwicklung von Produkten oder Konzeption von Kommunikationsmedien eingesetzt. „Da [Designer*innen] keine Autorität besitzen […], bleibt es in der Regel beim ‚Hübschmachen‘.“ (Baars, J.-E., 2018, S. 101) Notwendig auch für gutes „Styling“ ist eine Auseinandersetzung mit den Kund*innen, ihren Bedürfnissen, Lebenssituationen und damit zusammenhängenden Trends. Ergebnis davon ist neben guter Oberflächengestaltung, dass Designer:innen einzelne Produktkonzepte, deren Umsetzung, das Produktportfolio und die damit zusammenhängenden Geschäftsfelder sowie das Vorgehen darin kritisch hinterfragen und eigene Ideen für Produkte und Geschäftsmodelle entwickeln. Darin begründet sich das Anliegen der Designdisziplin als ,Anwältin‘ der Kund:innen früh bei der Produkt- und Marketingkonzeption oder sogar auf der strategischen Ebene tätig zu werden. (Vgl. Knight, E. et al., 2020, S. 30f; Baars, J.E., 2018, S. 44ff.)
3. Design als Prozess
Design wird entlang des gesamten Produktentwicklungsprozesses eingesetzt, erforscht Kund:innenbedürfnisse
systematisch, unterstützt bei der Definition der Value Proposition und fördert dabei funktionsübergreifende Kommunikation und Kollaboration (Vgl. Björklund, T. et al., 2018, S. 504; Liu, S. X./Cheng, P., 2024, S.2). In dieser Rolle erleben Designer:innen, wie oft die Qualität der Produkte aus Kund:innenperspektive (insbesondere wenn es sich um Touchpoint-übergreifende Service-Ökosysteme handelt) von internen Konflikten kompromittiert wird und wie oft Innovationen an Kund:innenbedürfnissen vorbei entwickelt werden. Entsprechend streben sie eine Rolle mit mehr Einfluss an, in der sie durch die Durchsetzung von Nutzer:innenzentrierung positiv zum Unternehmenserfolg beitragen können.
4. Design als Strategie bzw. Design-led Strategy
Das Unternehmen wird zwar nicht zwingend von Designer:innen geführt, aber Design „becomes the way of doing things“ (Björklund, T. et al., 2018, S. 505.) und ist ein zentraler Teil des Wettbewerbsvorteils in den Geschäftsfeldern (Vgl. Hvidsten, A. et al., 2023, S. 5). In der Breite der Organisation existiert ein holistisches Verständnis von Design, Design(erly) Thinking ist eine weit verbreitete und selbstverständlich eingesetzte Methodik und die Unternehmenskultur ist nah an der Designkultur (Vgl. Best, K. et al., 2010, S. 29; Hvidsten, A. et al., 2023, S. 5). Design(erly) Thinking wird neben der Produktentwicklung auch auf strategischer Ebene eingesetzt, um auf Basis holistischer Experiences neue Geschäftsfelder und -modelle zu entwickeln und dafür nötige Transformationen der Unternehmenskultur und -struktur voranzutreiben (Vgl. Björklund, T. et al., 2018, S. 505).
BODY OF KNOWLEDGE
Diese Definitionen sind Auszüge aus meiner Bachelorarbeit Hürden bei der Integration von Design auf strategischer Ebene im Fach BWL an der TH Köln im Februar 2025. Da die Arbeit einerseits nach den Vorgaben einer wissenschaftlichen Arbeit geschrieben werden musste, und andererseits bei den Prüfern als Betriebswirten keinerlei Vorwissen vorausgesetzt werden konnte, musste ich mich der Herausforderung stellen, alle designtypischen Begriffe sauber zu definieren und Inkonsistenzen offenzulegen.
Drei Begriffe, die beim Verständnis der Designdefinitionen im Unternehmen hilfreich sein können
Kompetenz sind die Fähigkeiten und Ressourcen eines Unternehmens, die es ihm ermöglichen, Wettbewerbsvorteile zu erzielen und erfolgreich zu sein. Im Rahmen des Resource-Based View (RBV) werden Kompetenzen als strategische Ressourcen betrachtet, die einzigartig, wertvoll, selten und schwer zu imitieren sind. Diese Ressourcen können sowohl materiell als auch immateriell sein, wie beispielsweise technologische Fähigkeiten, Markenreputation oder organisatorisches Wissen. Der RBV betont, dass Unternehmen durch die optimale Nutzung ihrer internen Ressourcen und Fähigkeiten nachhaltige Wettbewerbsvorteile erzielen können. Dynamic Capabilities erweitern dieses Konzept, indem sie die Fähigkeit eines Unternehmens beschreiben, seine Ressourcen kontinuierlich anzupassen, zu erneuern und neu zu konfigurieren, um auf sich verändernde Marktbedingungen zu reagieren. Diese dynamischen Fähigkeiten umfassen Prozesse wie Lernen, Integration und Transformation, die es dem Unternehmen ermöglichen, sowohl kurzfristige als auch langfristige Wettbewerbsvorteile zu sichern. Während Kompetenzen im RBV als statische Ressourcen betrachtet werden, betonen Dynamic Capabilities die Notwendigkeit, diese Ressourcen flexibel und agil zu nutzen, um in einem dynamischen Umfeld erfolgreich zu sein. Beide Ansätze unterstreichen die Bedeutung von Kompetenzen für die strategische Planung und die Fähigkeit eines Unternehmens, sich an Veränderungen anzupassen und innovative Lösungen zu entwickeln.
Dynamic Capabilities sind die Fähigkeiten eines Unternehmens, sich kontinuierlich anzupassen, zu erneuern und neu zu gestalten, um in einem sich dynamisch verändernden Umfeld wettbewerbsfähig zu bleiben. Diese Fähigkeiten umfassen die Integration, den Aufbau und die Umgestaltung interner und externer Kompetenzen, um auf Marktveränderungen zu reagieren und innovative Formen von Wettbewerbsvorteilen zu erzielen. Dynamic Capabilities sind besonders hilfreich, um die Quellen von Wettbewerbsvorteilen in extrem volatilen Märkten zu erklären.
Wertschöpfung bezieht sich auf den Prozess, durch den ein Unternehmen Mehrwert für seine Kunden schafft, indem es Ressourcen in Produkte oder Dienstleistungen umwandelt, die die Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden erfüllen oder übertreffen. Wertschöpfung ist zentral für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens, da sie die Grundlage für Kundenloyalität und Wettbewerbsvorteile bildet. Wertaneignung hingegen bezieht sich auf die Fähigkeit eines Unternehmens, den geschaffenen Wert zu erfassen und zu nutzen, indem es Gewinne und andere Vorteile aus seinen Produkten oder Dienstleistungen zieht. Dies kann durch Preisgestaltung, Markenbildung, Patente und andere isolierende Mechanismen geschehen, die verhindern, dass der geschaffene Wert sofort von Wettbewerbern oder Kunden übernommen wird. Während Wertschöpfung und Wertaneignung oft miteinander verbunden sind, können sie auch getrennt voneinander auftreten. Ein Unternehmen kann beispielsweise großen Wert schaffen, indem es innovative Produkte entwickelt, aber Schwierigkeiten haben, diesen Wert anzueignen, wenn es nicht in der Lage ist, angemessene Preise zu erzielen oder seine Innovationen vor Nachahmung zu schützen. Umgekehrt kann ein Unternehmen erfolgreich Wert aneignen, indem es starke Marken und Patente oder seine Monopolstellung nutzt, ohne unbedingt neuen Wert zu schaffen.
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